Begründung:
Liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates!
Was bei diesen Anträgen ziemlich technisch klingen mag, hat große Brisanz und Bedeutung für unsere Stadtentwicklung. Es geht um nichts weniger als darum, wie die Stadtverantwortlichen mit Beschlüssen der Organe der Stadt umgehen, wie Leitziele der Stadtentwicklung umgesetzt werden sowie um die Frage, wie transparent und korrekt gehandelt wird.
Die folgende umfassende Begründung für unsere Anträge möchte ich in drei Punkte zusammenfassen. Es geht
- um die fragwürdige Verquickung privater Geschäftsinteressen von Gemeindebediensteten mit ihrer Gemeindetätigkeit,
- um die Frage der Stadtentwicklung und Innenstadtbelebung
- schließlich um die Problematik des ausufernden Bodenverbrauchs.
Zu Punkt 1: fragwürdige Verquickung privater Geschäftsinteressen von Gemeindebediensteten
Die Immobilienfirma eines Gemeindemitarbeiters entwickelt seit längerer Zeit ein Einkaufsprojekt in Pinkafeld Nord.
„Die Kainz-Simon Immobilien GmbH erzielte eine Einigung mit der REWE hinsichtlich der Errichtung eines großen Lebensmittelmarktes. Im Anschluss an diesen Betrieb wird ein Fachmarktzentrum angeordnet; namhafte Mieter wie NKD, TEDI, kik, usw. konnten für dieses Projekt gewonnen werden.“ So steht es auf der Homepage der Fa. Moleplan.
(Übergabe eines Ausdrucks der Homepage der Fa. moleplan – als Beilage zum Protokoll)
Bei der GR Sitzung am 13.12.2017 kam es zu einer ausführlichen Diskussion über die Verlegung des BIPA Marktes von der Innenstadt nach Pinkafeld Nord. Ebenso gab es eine ausführliche Diskussion über die Entwicklung dieses Gebietes inklusive des Ankaufs von Grundstücksflächen („Fischer-Grundstücke“) in diesem Gebiet.
Der Bürgermeister sagte, dass das Grundstück („Fischer-Grundstück) in diesem Bereich seitens der Gemeinde optioniert war, dieses aber mittlerweile zu teuer ist. Weiters sagte der Bürgermeister, dass die Gespräche mit der Fa. REWE im Sommer 2017 begonnen haben. Im September 2017 hat die Kainz-Simon Immobilien GmbH das von der Gemeinde ursprünglich optionierte „Fischer-Grundstück“ gekauft.
Bei dieser GR-Sitzung am 13.12.2017 sagt der Bürgermeister allerdings nicht, dass die Firma eines Gemeindebediensteten dieses Grundstücke gekauft hat obwohl er es eigentlich wissen musste. Ende August 2017 hat Hr. Kainz nämlich dem Bürgermeister mitgeteilt, dass er Interesse an dem Grundstück hat und er darauf ein Fachmarktzentrum errichten wolle.
Vermutlich weiß der Bürgermeister aber schon lange Bescheid über das Projekt der Firma eines Gemeindebediensteten, der Kainz-Simon Immobilien GmbH und hat dies offensichtlich auch unterstützt. Anders ist deine Aussage Herr Bürgermeister bei der letzten GR-Sitzung am 10. August 2018 nicht zu verstehen. Der Bürgermeister erklärt, Zitat aus dem GR-Protokoll: „…dass die Stadtgemeinde eine Zeit lang die Option gehabt habe, diese wurden allerdings nicht verlängert, weil draußen eine Gesellschaft schon seit Jahren das Grundstück erwerben will für ein Fachmarktzentrum.“
Jetzt ist nicht mehr davon die Rede, dass diese Grundstücke zu teuer sind, sondern davon, dass diese Grundstücke eine Gesellschaft schon seit Jahren für ein Fachmarktzentrum erwerben will.
Das ist eine völlig neue und andere Erklärung als sie bislang dem Gemeinderat gegeben wurde.
Dass der Beschluss des Stadtrates vom 08.08.2017, Herrn Fischer einen Optionsvertrag auf zwei Jahre anzubieten nicht umgesetzt wurde erscheint auf einmal in einem neuen Licht. Es stellt sich die Frage, ob dieser Beschluss bewusst nicht umgesetzt wurde um der Immobilienfirma des Gemeindebediensteten den Kauf zu ermöglichen.
Jedenfalls erscheinen die Debatte und Beschlüsse durch die Gemeinderatsmehrheit bei der GR-Sitzung vom 13.12.2017 ebenfalls in einem neuen Licht.
Unter diesem Gesichtspunkt bekommt das alles eine andere Dimension. Jedenfalls steht fest, das Ganze ist aufklärungsbedürftig. Der Gemeinderat wurde nicht umfassend und zeitgerecht informiert bzw. eingebunden. Dank der umfangreichen Darstellungen von Vizebürgermeister Luisser bei der letzten GR-Sitzung wurde eine Vorgehensweise offengelegt, die ein fragwürdiges Bild im Zusammenwirken von Gemeindebediensteten, privaten Geschäftsinteressen und Gemeindeverantwortlichen ergeben.
Zu Punkt 2: Stadtentwicklung und Innenstadtbelebung
Mit Gemeinderatsbeschluss vom 11.04.2011 wurde von der Stadtgemeinde Pinkafeld die Teilnahme an der umfassenden Dorferneuerung im Burgenland beschlossen. In der Folge wurde der gemäß Dorferneuerungsrichtlinie 2011 vorgeschriebene Dorferneuerungsprozess im Zeitraum September 2011 bis Juni 2012 durchgeführt.
Im Zuge dieses Prozesses wurde ein Dorferneuerungsleitbild in intensiver Prozessarbeit mit der Bevölkerung erstellt. Der gemäß Dorferneuerungsrichtlinien 2011 vorgeschriebene Ablauf für die Erstellung des Leitbildes wurde dabei eingehalten.
Am 6. Juli 2012 hat der Gemeinderat einstimmig das Dorferneuerungsleitbild/
„Pinkafeld als lebendigen und attraktiven Wirtschaftsstandort erhalten und ausbauen“ ist das definierte Leitziel für den Bereich Wirtschaft.
Das soll unter anderem durch die Berücksichtigung folgender Unterziele erreicht werden:
- Die Innenstadt von Pinkafeld soll attraktiv, kunden- und familienfreundlich sowie barrierefrei gestaltet werden.
- Die Innenstadt von Pinkafeld soll durch ein vielfältiges Angebot von Wirtschaft, Kultur und Tourismus belebt werden.
Es wurden auch eine Reihe von Maßnahmen zur Zielerreichung festgelegt. Unter anderem soll die Stadtentwicklung verstärkt nach innen (Zentrumsnähe) gerichtet sein und primär vorhandene Potentiale nutzen. Weitere Zersiedelungen an den Ortsrändern sollen hintan gehalten werden.
Die Errichtung eines Einkaufszentrums/Fachmarktes am Ortsrand widerspricht zum jetzigen Zeitpunkt zu 100 Prozent dem Leitbild und der darin angeführten Ziele der Stadtentwicklung.
Zudem muss festgehalten werden, dass drei der geplanten Firmen, nämlich Billa, NKD und kik – keine Neuansiedlung, sondern lediglich eine Umsiedelung bereits bestehender Standorte in Pinkafeld sind. Es werden neue Leerstandsflächen produziert. Bei der geplanten Firma TEDI handelt es sich um ein deutsches Handelsunternehmen im Billigpreis „Schnäppchen“ Segment. Dieses Unternehmen ist eine unmittelbare Konkurrenz für die Fa. Preismix im Stadtzentrum. Dieser Pinkafelder Familienbetrieb ist dadurch in seiner Existenz massiv gefährdet.
Weiters muss festgehalten werden, dass die Gemeinde für die neu zu errichtende Infrastruktur aufkommen muss. Geld, das besser in die Belebung der Innenstadt investiert ist. Denn: Wenn wir weiter Betriebe aus der Stadt absiedeln, dann bedroht das bestehende Arbeitsplätze, weil die Kaufkraft aus der Ortsmitte abgezogen wird. Daher ist auch ein allfälliges Argument, dass neue Arbeitsplätze entstehen hinfällig. Im Gegenteil: viel mehr wiegt die Bedrohung, dass bestehende Arbeitsplätze verloren gehen sowie bestehende lediglich in der Stadt verschoben werden und wir später noch mehr Geld in die Belebung einer Geisterstadt investieren müssen.Seit Jahren ist die Stadtregierung bei dem Punkt Innenstadtbelebung säumig und untätig. Das muss leider mit dieser Deutlichkeit gesagt werden. Seit 20012 sind keine Maßnahmen zur Zielerreichung des beschlossenen Leitbildes gesetzt worden.
Die Stadtregierung muss vom Reden endlich ins Tun kommen. Die Gemeinde muss handeln und nicht zuschauen. Die Gemeinde muss vorangehen, Angebote schaffen und vor allem ihre Leitziele der Innenstadtentwicklung umsetzen. Da gibt es sehr viele Möglichkeiten und Chancen. Befunde, Konzepte und Studien gibt es bereits genug.
Auch die zuletzt am 24.04.2018 präsentierte und von der Gemeinde bezahlte Studie zur „Kaufkraftanalyse Burgenland 2016 – Sonderauswertung Stadtgemeinde Pinkafeld 2018“ von Mag. Georg Gumpinger zeigt klar und deutlich, was zu tun ist. Der Experte warnte eindringlich vor einer weiteren Ausdünnung der Innenstadt. Das Geld hätten wir uns ersparen können, wenn die Gemeindeverantwortlichen die Ergebnisse ignorieren. Die Verantwortung für die Umsetzung muss endlich wahrgenommen werden. Denn stirbt das Zentrum, stirbt der Ort.
Ich wiederhole daher bei dieser Gelegenheit noch einmal meinen Vorschlag der letzten GR-Sitzung vom 10.08.2018: Wir brauchen jemanden, der sich um die Innenstadt kümmert – einen „Innenstadtkümmerer“. Für eine erfolgreiche Zentrumsbelebung ist eine Person notwendig, die sich darum kümmert, dass Projekte und Vorhaben umgesetzt werden. Vom Gemeinderat soll ein Innenstadtbeauftragter bestellt werden, welcher sich um dieses Thema annimmt, sich ein Team zusammenstellt und dann konkrete Schritte zur Innenstadtbelebung setzt.
Zu Punkt 3: ausufernder Bodenverbrauch
Schließlich geht es in dieser Angelegenheit auch um Natur und Umwelt in all seinen Facetten und den unkontrollierten Bodenverbrauch. Die Klimaanlage „Boden“ wird sukzessive zerstört, auch bei uns in Pinkafeld. An den Ortsrändern und in der Stadt bilden sich immer mehr Asphaltwüsten. Die Österreichische Hagelversicherung warnt bereits seit längerem vor den fatalen Auswirkungen des unkontrollierten Bodenverbrauchs. Nirgends gibt es derart viele leerstehende Industrie- und Gewerbeimmobilien
Wir haben im Burgenland den höchsten Pro-Kopf-Anteil von versiegelten Bau- und Verkehrsflächen in ganz Österreich.
Die Zersiedelung und das Ortskernsterben wird durch den ausufernden Bodenverbrauch befeuert, auch in Pinkafeld. „Es ist verrückt, dass viele Supermärkte neue Standorte auf der anderen Straßenseite bauen und die alten Objekte inklusive Parkplatz einfach verfallen lassen,“ sagt Landtagsabgeordneter Wolfgang Spitzmüller in einem Artikel im Kurier. Und er hat vollkommen recht. Genau das hat der Billa in Pinkafeld vor. Das muss verhindert werden.
Unter all diesen Gesichtspunkten, besonders aber auf Grundlage des beschlossenen und somit gültigen Leitbildes ist die Einleitung eines Flächenwidmungsplanänderungsve
Im übrigen hat die Gemeinde ja auch schon Erfahrung mit Rückwidmungen wie das Beispiel aus dem Anlassfall der geplanten Waschanlage der Firma ROTO Immobilien GmbH zeigt.
Ich appelliere an die Verantwortung für die positive Stadtentwicklung jedes einzelnen/jeder einzelnen hier im Gemeinderat und ersuche um Zustimmung zu unseren zwei Anträgen.
Die Anträge wurden mit den Stimmen der SPÖ und FPÖ abgelehnt. ÖVP und Grüne stimmten dafür.